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Erklärung des Pressebüros des ZK der KKE

Zu den Entwicklungen in der Türkei und zum Putschversuch

Die bisherigen Erkenntnisse über die Entwicklungen in der Türkei und über den Putschversuch  verweisen auf eine Verschärfung der innerbürgerlichen Widersprüche zwischen den verschiedenen Machtzentren in dem Land, die mit den allgemeineren internationalen Konkurrenzkämpfen in der gesamten Region um Syrien, den Nahen Osten und den östlichen Mittelmeerraum, und dem direkten Eingreifen und der Konfrontation starker kapitalistischer Staaten verbunden sind.

Die Türkei war und ist an diesen Konkurrenzkämpfen aktiv beteiligt, mit dem Ziel, die Interessen der türkischen Bourgeoisie zu schützen und sich als regionale Macht zu stärken. Die aktive Verwicklung der Türkei in die Entwicklungen in Syrien, ihre militärischen Operationen im von Bevölkerungen kurdischer Herkunft bewohnten nördlichen Teil, ihre Beziehungen mit dem Islamischen Staat konfrontierten sie oft mit ihren traditionellen Verbündeten, wie z.B. USA, NATO und anderen.

Sicherlich ist eine weitere Auswertung und Untersuchung der Ereignisse und der Sachverhalte notwendig, die zum Putschversuch und der endgültigen Vorherrschaft der Erdogan-Regierung führten. Vor allem muss untersucht werden, welche in- und ausländischen Kräfte den Putsch unterstützt haben, was ihre Zielstellungen waren, und welche Rolle die sogenannten „Kemalisten“ und „säkularen“ Kräfte oder die Kräfte des Imams Gülen spielten, die das Erdogan-Regime als die Verantwortlichen ins Visier nimmt, indem es Tausende aus dem Staatsapparat entfernt. Weiterhin soll die Rolle der USA und der NATO, die tatsächliche Situation in der türkischen Armee und in Teilen davon untersucht werden, sowie mögliche Kompromisse und Gegenleistungen, die eingegangen sind, um das Ergebnis des versuchten Putsches beeinflussten.

Eine tiefere Analyse ist auch bezüglich der Haltung der USA und anderer NATO-Kräfte vonnöten, die beim Ausbruch des Putschversuches sich für die "Notwendigkeit der Fortführung des Staates“ aussprachen, um dann später, als die Waage zugunsten Erdogans neigte, sich für die "demokratisch gewählte Regierung der Türkei" äußerten. Darüber hinaus müssen die jüngsten Schritte der türkischen Regierung zur Normalisierung der Beziehungen zu Russland und Israel mit in Betracht gezogen werden.

Die organisierten Aktionen von bedeutenden Teilen der Armee, das Attentat gegen Erdogan, die Zahl der Toten, Verletzten und Verhafteten, darunter zahlreicher Generäle, die lang andauernden Bombardierungen in Ankara, die Straßenkämpfe in anderen Städten rechtfertigen nicht die Position, dass der Putsch „inszeniert“ war, oder. dass es sich um einen Operettenputsch handelte. Die Zeit wird in viele Sachverhalte Licht bringen, sowie in die Frage wer schließlich von dieser Situation profitiert oder später profitieren wird.

In jedem Fall bedeuten die innerbürgerlichen Widersprüche, sowie die Konkurrenzkämpfe  zwischen den imperialistischen Kräften nicht per Definition etwas Gutes für die Völker der Region und vor allem für das türkische Volk, das während all der vorangegangenen Zeit der kontinuierlichen volksfeindlichen Politik der AKP-Regierungen, der Partei Erdogans, ausgesetzt war. Die hohen Wachstumsraten der türkischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren und die Verbesserung der Situation von einigen Mittelschichten haben in keinem Fall die Armut, die Arbeitslosigkeit, die Unterdrückung, die harte Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Volksschichten in der Türkei eliminiert.

Diese Politik kann aufgrund der Tatsache, dass Erdogan es schließlich schaffte, die Lage zu kontrollieren, nicht als ungeschehen gemacht werden. Selbstverständlich kann die Antwort auf die volksfeindliche Politik auch nicht ein Staatsstreich sein, den verschiedene Teile der Bourgeoisie bevorzugen. Genauso wenig dürfen Argumente von einer "Wiederherstellung der Demokratie" in der Türkei gerechtfertigt werden, oder die Illusionen, die von bestimmten Kräften verbreitet werden, dass das Erdogan-Regime den Denkzettel begriffen hätte, um mehr soziale Rechte und politische Freiheiten einzuräumen. Solche Erwartungen werden bereits von den ersten Tagen nach dem Putschversuch zunichte gemacht, denn die ersten Aktionen zeigen, dass der Angriff sich nicht auf die "Anstifter" und ihre Unterstützer im Staatsapparat beschränken wird, sondern gegen das Volk, seine Bürgerrechte und seine Freiheiten richten wird. Zur gleichen Zeit sind die aggressiven Positionen der türkischen Bourgeoisie und des türkischen Staats zur Ägäis, zur Anfechtung der griechischen Hoheitsrechte sowie in Bezug auf die immer noch offene Zypern-Frage allseitig bekannt.


Die Ereignisse in der Türkei haben erneut gezeigt, dass sich die Situation in der Region einem Pulverfass gleich kommt, und durch die verschärften Widersprüche und Konkurrenzkämpfe zwischen starken imperialistischen Zentren mit unvorhersehbaren Folgen geprägt ist. Die SYRIZA-ANEL-Regierung trägt große Verantwortung, weil sie sich aktiv an den imperialistischen Plänen im Namen des griechischen Kapitals beteiligt ist; sie unterstützte die jüngsten gefährlichen Beschlüsse des NATO-Gipfels, die eine Eskalation der Konkurrenzkämpfe signalisieren, vor allem zwischen der NATO und Russland, während sie falsche Hoffnungen verbreitet, dass Griechenland angeblich eine "Insel" der Stabilität in einer turbulenten Region sein kann.

Heute, mehr als je zuvor, ist die kämpferische Bereitschaft des Volkes gegen den imperialistischen Krieg und die Interventionen, gegen die Teilnahme unseres Landes an ihnen, erforderlich. Notwendig ist es auch, dass jedes Volk sich nicht in dem einen oder anderen Szenario der innerbürgerlichen Widersprüche einfangen lässt. Beide Szenarien sind seinen Interessen entgegensetzt. Im Gegenteil hat das Volk jedes Interesse daran, seine eigene, selbständige Massenaktion zu entfalten und zu jeder Wendung seinen eigenen Lösungsweg einzufordern. Das Kriterium dabei sollen seine Bedürfnisse und Ziel der Sturz der Herrschaft des Kapitals, die Loslösung von den verschiedenen imperialistischen Bündnissen sein.

Die KKE bringt ihre Solidarität mit der Arbeiterklasse und dem Volk der Türkei, mit der Kommunistischen Partei, Türkei, zum Ausdruck, die unter den Bedingungen eines extrem negativen Kräfteverhältnisses diesen schwierigen, aber einzigen hoffnungsvollen Kampf führt.

 

Athen, 19.7.2016

Das Pressebüro des ZK der KKE